3. Sonntag nach Trinitatis: 1 Joh 1,5-2,6

3. Sonntag nach Trinitatis: 1 Joh 1,5-2,6

3. Sonntag nach Trinitatis: 1 Joh 1,5-2,6

# Archiv Predigten 2018

3. Sonntag nach Trinitatis: 1 Joh 1,5-2,6

Liebe Gemeinde!

Wir, die wir die Tage jetzt mit unseren Gästen verbringen, erleben eine große Freude. Sie liegt begründet in einem Wort, das in Tansania oft zu hören ist: Tupo pamoja – wir sind zusammen, wir sind eins. Über Sprachbarrieren, über Lebenswelten, über riesige Diastanzen und sicher große Glaubensunterschiede hinweg diese Freude: Tupo pamoja. Wir gehören zusammen. Nebenbemerkung: wir haben unseren Gästen den Engel der Kulturen vorgestellt, wie er Ihnen und Euch auf dem Weg ins Gemeindehaus als Bodenintarsie begegnen kann. Und auch für das Miteinander der Religionen lässt sich sagen: Tupo pamoja. Das ist ein Wort, das Brücken baut, und wer es anderen Menschen sagt, Anders-Gläubigen und Anders-Denkenden, der empfindet Freude. "Furaha" auf Kiswahili.

Und wir erleben auch in diesen Tagen: Das Glück der Freude ist ein dreifaches: sie steckt schon in der Erwartung, sie pulsiert im Erleben und sie klingt nach in der Erinnerung. Was haben wir uns hier gefreut, als deutlich wurde, mit dem Besuch unserer Freunde könnte es klappen – und die Freude blieb trotz der Schengen Visa und all der Formalitäten, trotz eines Kirchenkreises, der einfach die Gelder nicht überweist, und dieser Kirchenkreis liegt hier in Hamburg, nicht in Lupila, Tansania. Und dann die Ankunft am Flighafen und hier in Blankenese. Auf dem S-Bahnhof singen wir gemeinsam "Bwana u sehemu yangu"und die Leute gucken verdattert. Und am Freitagabend gucken wir zwei Filme unserer Reisen und schwelgen in Erinnerung.

Diese Partnerschaft, die Jugendlichen der Gruppe Marafiki, unsere Ausschussmitglieder, und vor allem unsere Partner in Tansania sind Freude In ihr übersehen wir nicht die Armut, die Not an Wasser, die Waisen, die Aidskranken. All das ist da. Aber in unserer Freude gehen wir dagegen an, resignieren nicht, finden Wege, Not zu lindern.

Ich staune über diese Freude. Sie ist ein Geschenk, sie ist ein Segen. Franz von Sales hat gesagt: "Gott ist der Gott der Freude: Die Freude ist also die rechte Frömmigkeitshaltung". Wir glauben von Freude her und glauben auf Freude zu – wäre doch mal was, oder? Vor all den Klammern, die der Glaube aufmacht, steht ein Plus. Und dann lässt sich blicken auf das Eingeklammerte und uns oft Einklemmende: auf die Rede von Schuld und Sühne, Sünde und Sündern, Finsternis und Strafe, Blut und Vergebung. Oft genug scheinen sie mir das Vorzeichen sein zu wollen in kirchlicher Rede und Liturgie. Ich halte mich an der Freude fest.

Der heutige Predigttext nimmt das auf: "Das ist die Botschaft, die wir von ihm – gemeint ist Jesus, der Christus - gehört haben und euch verkündigen: Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis."

Was für ein großer schlichetr Satz, der in seiner Eindeutigkeit und Größe unterzugehen droht in dem ihn umgerbendenden Worten von Sünde und Finsternis. Gott ist Licht und i ihm ist keine Finsternis. Ich denke weiter: in Gott ist kein Zorn, keine Rache, keine Vergeltung, keine Strafe. Er ist mehr als unsere Projektionen ins Unendliche, eindeutig mehr. Und eindeutig weniger. Denn wnn in ihm keine Finsternis ist, dann müssen wir mit Gott gegen all das Finstere klarkommen, das geschieht und an dem wir teilhaben. Wir können dann nicht mehr Gewalt und Armut, Krankheit oder Tod als von Gott gewollt und geschickt betrachten; müssen lernen, nach unserer Verantwortung zu fragen, müssen lernen, mit Gott dagegen anzugehen.

Von Gott her soll das, was wir beim Anblick und beim Spüren von Sonne und Licht, wahr werden in unserem Leben. Dunkelheit und Finsternis verlieren ihre Macht bei dem, der das Licht ist – über den Tod hinaus. Gott ist ein Gott der Freude. Jetzt können wir die Klammer aufmachen und wie der Predigttext von Sünde und Finsternis reden.

Wenn Überwindung der Sünde zu tun hat mit Gemeinschaft und mit Freude, dann hat Sünde mit Trennung zu tun und mit einer Angst, die Lebensfreude einengt. Dann ist da Licht und hier Dunkelheit.

Oft wird Sünde mit einer Forderung in Verbindung gebracht; ich möchte sie zusammenbringen mit dem Glauben und mit der Sehnsucht.

Mit dem Glauben, daß Gott Gemeinschaft mit und für die Menschen will, mit der Sehnsucht nach dieser Gemeinschaft und nach Lebensfreude, die in dieser Gemeinschaft liegt. Diese Gemeinschaft ist grenzüberschreitend. Sie nimmt Menschen in sich auf, die ich nicht im Blick habe, die mir fremd sind. Die Sehnsucht und der Glaube des Sünders träumen groß von dieser Welt. Behauptet doch der Schreiber des Johannesbriefes:

"Christus ist für die ganze Welt gestorben" und ich ergänze: "weil er für die ganze Welt gelebt hat". So wird die Grenze der Gemeinde überschritten. Elitäres Bewußtsein oder Rückzug aus der Welt sind keine Möglichkeiten für die Gemeinde Christi. Wir sind mittendrin; und da gehören wir auch hin.

Nur wer glaubt, wie kostbar die Gemeinschaft mit Gott ist und wie lebenswichtig eine Gemeinschaft ist, die Grenzen überschreitet, der empfindet Sünde. Ohne Glauben keine Sünde. Daher ist sie auch mehr als Unrechtsbewußtsein. Sie schließt es mit ein, geht aber weit darüber hinaus in alle zwischenmenschlichen Bereiche.

Sünde trennt, was unserer Sehnsucht, unserem Glauben nach zusammengehört. Und weil sie etwas Zusammengehöriges trennt, leidet sie selbst unter dem, was sie tut, ist sich selbst die Strafe, ist der Abgrund, in den sie sich selber stürzt. So erweist sich Sünde von ihrem Ende her. Wo ich getrennt habe, was zusammengehört, wo meine Trauer um zerbrochene Gemeinschaft mich anklagt oder meine Wut  darüber, da war Sünde; da habe ich mich "ab-gesündert", im Sinne von abgesondert.

Und wenn ich mich verstehe von außerhalb meiner selbst, vom Himmel her, wo Freude herrschen soll über mich, dann tut es weh zu erkennen, dass ich das auch bin und kann – trennen, absondern, zerstören, was zusammengehört, und dann ist Scham da und die Angst, bei dem, was ich bin, verhaftet zu bleiben.

"Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit."

Mahatma Gandhi berichtet aus seinem Leben:

"Ich war fünfzehn Jahre alt, als ich einen Diebstahl beging. Weil ich Schulden hatte, stahl ich meinem Vater ein goldenes Armband, um sie zu bezahlen. Aber ich konnte die Last meiner Schuld nicht ertragen. Als ich vor ihm stand brachte ich vor Scham den Mund nicht auf. Ich schrieb also mein Bekenntnis nieder. Als ich ihm den Zettel überreichte, zitterte ich am ganzen Körper. Mein Vater las den Zettel, schloß die Augen und dann - zerriss er ihn. "Es ist gut", sagte er noch. Und dann nahm er mich in die Arme. Von da an hatte ich meinen Vater noch lieber." Wie nah sich hier Hinduismus und Christentum sind. Auch für die Religionen gilt: "Tupo pamoja".

So ist Vergebung. Sie ist wie Auferstehung, wie ein neuer Anfang, ein neues Leben. Nicht verkrümmt und verklemmt, sondern befreit, nicht verbittert, sondern freundlich, nicht verschlossen, sondern offen. Als solche Wohltat ist sie die Voraussetzung jeder Veränderung zum Guten, jedes Schrittes hin zu einem erfüllteren Leben.

Und so ist Gott. "Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen: Gott ist Licht, und in ihm ist keine Finsternis."

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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