14. Sonntag nach Trinitatis: Röm 8,14-17

14. Sonntag nach Trinitatis: Röm 8,14-17

14. Sonntag nach Trinitatis: Röm 8,14-17

# Archiv Predigten 2016

14. Sonntag nach Trinitatis: Röm 8,14-17

Liebe Gemeinde.

In einem Oberstufenkurs - im Fach Religion - fragte ich die Schülerinnen und Schüler, wie sie Gott beschreiben würden in ihrem persönlichen Glauben. Und als Antwort hörte ich von fast allen, was ich auch an anderer Stelle von anderen Menschen schon häufiger gesagt bekam: "Ja, ich glaube an Gott, aber nicht so, wie die Kirche es tut."

Und diesen "Gott der Kirche" beschrieben alle dann mehr oder weniger als einen der Erde entrückten, fernen, altväterlichen Herrscher, der auf einem Thron sitzt und von dort die Geschicke der Welt lenkt.

Das ist ein altes Bild, aber offenbar hat es sich durch manche Erziehung und vor allem durch unsere Kultur, durch Kirchenbilder und -malereien, durch viele Texte und anderes mehr - tief eingepflanzt in unser Gedächtnis und in unsere Seele.

Die Kirche steht dabei für eine Art Herrschergott, der mein Leben bestimmt und mir meinen Lebensweg vorschreiben will.

Nun hat die Kirche in früheren Zeiten solche Bilder von Gott durchaus benutzt, - und bisweilen gewiss auch missbraucht, um selber herrschen und die Menschen kontrollieren zu können, indem sie den Allmachtsanspruch Gottes auf ihre Institution übertrug.

Und sehr zurecht hat sich – mindestens seit der Aufklärung - vielerorts und bei vielen Menschen ein Misstrauen eingenistet, wo immer man alter, überkommener Kirchensprache begegnet.

So ein verbindliches Gottesbild der Kirche gibt es heute nicht mehr. Wenn in der Kirche heute von Gott gesprochen wird, dann beziehen wir uns auf die Bibel in ihrer ganzen Vielschichtigkeit, in ihrer Unterschiedlichkeit und Weite. Und dann suchen wir darin eben auch nach Analogien und Vergleichen zu dem, was andere Menschen in ganz anderen Kontexten über Gott sagen. Weil es das Bild größer werden lässt, den eigenen Blick umfangreicher.

Die Natur ist ein wunderbarer Ort, um von Gott zu sprechen, und um Gott – und darum geht es ja letztlich – um Gott selber zu erfahren. Ein Ort des Staunens und häufig des Gefühls, eins zu sein mit dem, was mich umgibt. Die Liebe – auch die ganz sinnliche Liebe – ist so ein Ort, das Leiden auch - und genauso die Freude.

Andere Religionen haben andere Bilder und Worte. Der Islam kennt 99 Namen Gottes. Der Hinduismus spricht von einem Urgrund des Seins.

Und die Schülerinnen und Schüler sagten, Gott sei für sie so etwas, wie eine universelle Kraft, die alles durchströmt und alles irgendwie miteinander verbindet.

Manche Physiker würden das wahrscheinlich ähnlich ausdrücken. Und andere Nicht-Physiker vielleicht genauso.

Und ich werde mich hüten, hier von Richtig und Falsch zu reden. – Ich würde nachfragen. Ich frage dann: was bedeutet das für dein Leben? Wie kommt Gott – oder welchen Namen auch immer du für dieses Göttliche benutzt – wie kommt es vor in deinem Leben?

Ist es eine Philosophie? Eine Erklärung der Welt, und bleibt es eher ein Gedankenspiel? Und ist Gott dann nicht eher losgelöst von deinem Alltagsleben?

Oder – gibt es Berührungspunkte? Gibt es so etwas wie eine Zwiesprache? Eine Reibung vielleicht, oder ein Dank, ein Groll? Gibt es Fragen und ein Suchen?

Wenn wir in die Bibel schauen, dann sehen wir sofort, dass der Gott der Bibel auftaucht mittendrin im Leben. Mitten im Alltag und häufig da, wo das Leben nicht in den geraden, geordneten und von uns geplanten Bahnen verläuft - da, wo alles in Ordnung ist – sondern wo Manches im Leben eher aus den Fugen geraten scheint, wo eben Fragen da sind und es so etwas wie ein Bedürfnis nach Gott gibt, ein Bedürfnis – ganz menschlich - nach Trost, nach Vergebung, nach Erlösung, oder einfach auch danach, verstanden und gesehen zu werden, ein Bedürfnis nach Liebe.

In diesen Nischen all dieser Bedürftigkeiten ist Gott beheimatet. Für unseren Blick häufig genug versteckt, nicht sofort erkennbar in den alltäglichen Lebensgeschichten. Aber genau da steckt Gott drin.

Und dabei geht es nicht um ein Tun Gottes. Wir können von Gott nicht erwarten, dass er allein für uns etwas tut. Vielmehr geht es – im biblischen Sinne - um eine Beziehung zu Gott, um eine Beziehung auf derselben Höhe, auf Augenhöhe mit Gott.

Wir können nicht einerseits sagen, dass wir dieses alte Gottesbild der Kirche ablehnen – mit Recht an vielen Stellen, wo nämlich ein jenseitiger Gott, fern meines Lebens, die Schritte meines Lebens bestimmt, straft und Gnade gewährt, wie es ihm beliebt - dann aber anderseits in Situationen von eigener Bedürftigkeit von Gott verlangen, dass er es schon richten möge für mich. Das ist eine Konsumhaltung im Glauben. So ist es in der Bibel nicht.

Der Gott der Bibel ist Beziehung. Der Gott der Bibel ist ein Miteinander. Ein gemeinsames Unterwegssein im Leben. Und von dieser Beziehung zu Gott schreibt Paulus in einem ganz alltäglichen Bild. In dem Bild von Gott als dem liebenden Vater. Ein archetypisches Bild unseres Glaubens.

Denn welche der Geist Gottes treibt, - schreibt Paulus - die sind Gottes Kinder. Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater! Der Geist selbst gibt Zeugnis unserm Geist, dass wir Gottes Kinder sind. Sind wir aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi, wenn wir denn mit ihm leiden, damit wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.

Alltagsnamen und Alltagserfahrungen kommen hier zusammen in dem Bild des Vaters und der Kinder, und dann entsteht daraus etwas Neues, dann öffnet sich darin eine neue Dimension – die erstmal auch nichts mit eigenen Vater- und Kindererfahrungen zu tun hat.

Paulus benutzt dieses Bild, um dieses in-Beziehung-sein-zu-Gott auszudrücken. Das ist ein Bild von großer Gemeinschaft. Von der Gemeinschaft der Kinder Gottes, die die Liebe ihres Vaters untereinander weitergeben und miteinander teilen. Eine Ur-Vision unseres Glaubens.

Jesus sagt, um zu wissen, ob wir eine Beziehung zu Gott haben, müssen wir nur schauen, wie wir mit anderen Menschen zusammenleben, – müssen wir nur auf unsere Beziehungen schauen, zu anderen Menschen, und auch auf unsere Beziehungen zu der Natur, und zu allem, was uns umgibt.

Die Beziehung zu Gott meint dann auch eine Beziehung zu allem, was lebt und lebendig ist.

Das ist das Geschenk, das wir in diesem Bild von Gott finden, dass es Leben möglich und vor allem zukunftsfähig macht.

Und gleichsam liegt darin auch die Verantwortung für die, die sich als Kinder Gottes verstehen, – die sich vom Geist Gottes treiben und antreiben lassen, in einer Beziehung mit und zu Gott, indem wir die Liebe von Gott in die Mitte unseres Lebens stellen.

Indem wir eben dafür den Blick auf das Leben sensibilisieren, Worte überdenken, und schließlich Taten und Handeln folgen lassen.

Amen

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